Friedrich Heiler und Indien
von Heinz Röhr
Begegnung mit dem „Wunderland“ Indien, in dessen Bann so viele Indienfahrer in diesem Jahrhundert (wie z.B. W. Bonsels, Hermann Hesse u.a.) standen, geschildert werden. Im Mittelpunkt wird vielmehr Heilers Bild der Indischen Religion stehen, mit der er sich in zahlreichen Untersuchungen auseinandergesetzt hat. Heiler gebraucht übrigens stets den Plural für die Religion des Subkontinents. „Indische Religionen und Buddhismus“ war eine seiner Lieblingsvorlesungen. Während er 45 Minuten lang seinen Text vortrug, pflegte er mehrmals die Tafel mit Sanskritwörtern vollzuschreiben, sicher ein besonderes Merkmal des Heilerschen Forschungsansatzes: Fremde Religion erschloß sich ihm über Texte, d.h. über Sprache. Der gelernte Orientalist, der neben Sanskrit, Pali und Arabisch auch Hethitisch, Avestisch, Ägyptisch, Koptisch u.a. beherrschte, hat im Gegensatz zu Rudolf Otto keine Originaltexte übersetzt und im Druck herausgebracht. Aber er war ein intimer Kenner der entsprechenden Quellentexte, die er in Einzeluntersuchungen wie im Überblick dargestellt hat, z.B. in dem (mit anderen Forschern verfaßten) bekannten Werk „Die Religionen der Menschheit in Vergangenheit und Gegenwart“ [1], wo er die „Indischen Religionen“ wie folgt unterteilt: „Die vedische Religion“, „Die Religion der priesterlichen Ritualtexte“, „Die Erlösungsmystik der Upanishaden“, „Die Übungsmystik des Yoga“, „Die Erlösungslehre des Samkya“, „Die heterodoxen Erlösungsgemeinschaften (A. Der Jainismus; B. Der Buddhismus)“, „Die nachbuddhistischen Religionen Indiens (Der Hinduismus)“.
Heiler pflegte im Anschluß an Söderblom zu sagen: „Der Hinduismus ist keine Religion, sondern ein Dschungel von Religionen.“ Und in dem eben genannten Werk „Die Religionen der Menschheit“ zitiert er die Charakterisierung der indischen Religionswelt durch H. W. Schomerus (einst Indienmissionar, später Religionswissenschaftler): Die indische Religionswelt gleicht dem einheimischen Banyan-Baum, der ficus religiosa. „Dieser sendet von seinen Zweigen, sobald sie sich ausbreiten und dem Mutterstamm zu schwer werden, Luftwurzeln nach unten, die sich in den fruchtbaren Boden einbohren, in ihm Wurzeln schlagen, sich dann zu Stämmen entwickeln und die sich immer weiter ausbreitenden Kronen tragen helfen. Dank dieser in großer Zahl sich bildenden neuen Stämme werden dem Banyan-Baum durch mehrere Kanäle , von denen einige immer jung und frisch sind, Säfte und Kräfte zugeführt. Auf diese Weis erhält er sich auch bei hohem Alter frisch und bekommt einen so großen Umfang, daß er schließlich mehr einem kleinen Wald als einem Baum gleicht.
So gliedert sich auch die indische Religion immer neue Gebilde an, die ihr als Stützen dienen, wenn ein Teil der alten morsch und kraftlos geworden ist, und die ihr neue Kräfte zuführen, wenn ihre alten Bestandteile dies nicht mehr vermögen.“ Trotz der Vielheit der Gestaltung bleibt er doch eine Einheit, ein Ganzes. Dabei ist der Hinduismus keineswegs ein „Synkretismus“ wie der der orientalisch-hellenistischen Religionen im Römerreich, sondern eine „Schichtung mehrerer Religionen übereinander …“ [2]. Die Religion der Veden, der Brahmanatexte, der Upanishaden, der Yoga, jainistische und buddhistische Ideen – „das alles ist in den Hinduismus eingegangen und hat bis in die Gegenwart sich erhalten. Fünf Jahrtausende leben in der heutigen indischen Religion. Uralte Weisheit ist hier Gegenwart, Hohes und Niederes, Rohes und Reines, Geistiges und Sinnliches, Philosophie und Glaubenserfahrung, Priesterweisheit und Laienfrömmigkeit, Mystik und Prophetismus, geistige Abstraktion und rohester Fetischismus, esoterische Weisheit und vulgäre Massenreligion – das alles ist im Hinduismus in buntem Gemisch verbunden.“ Der Hinduismus stellt eine „gewaltige complexio oppositorum“ dar, ähnlich dem Katholizismus. Er bildet dabei aber keine einheitlich religiöse Organisation, sondern stellt eine Vielheit von Kasten, Sekten, Ordensgemeinschaften und Einzelpersönlichkeiten dar. Das einigende Band ist der sanatana-dharma („die ewige Ordnung“) des Kastenwesens [3].
Heilers Vorliebe gilt vor allem der mystischen Erscheinungsform der Religion, auch im Hinduismus. So besitzen wir aus seiner Feder keinen eigenen Forschungsbeitrag zum Vedismus und den Brahmanatexten. Letzte werden in dem genannten Werk auf eineinhalb Seiten abgehandelt und (nach Max Müller) mit dem wenig schmeichelhaften Beiwort „priesterliche Afterweisheit“ [4] versehen, was den Herausgeber der dritten Auflage veranlaßte, eine Korrektur anbringen zu lassen. So lesen wir in einem Nachtrag von Bettina Bäumer, das Zitat von Max Müller müsse als überholt gelten. Neuere Untersuchungen hätten gezeigt, daß die Mystik der Upanishaden schon durch „die Spekulation und Sublimierung des Kultes in den Brahmana vorbereitet wurden…“ Diese Texte seien nicht mehr als Zeugnisse eines „religiösen Niederganges“ (Heiler) anzusehen. Außerdem werde die Lehre der Upanishaden nicht mehr als einheitliche Lehre dargestellt, sondern „als eine Vielfalt von geistigen Ansätzen“ [5].
Über die „Mystik in den Upanishaden“ legt Heiler 1925 eine „schöne Studie“ (Bleeker) [6] vor, die auch in die „Religionen der Menschheit“ eingegangen ist und bei der der Nachdruck auf der „göttlichen Gnadenwahl“ (Heiler) [7] liegt: Die Erkenntnis, daß der (individuelle) Atman mit dem Brahman identisch ist (Ich bin Brahma, brahmasmi), kann nur im Moment ekstatischer Ergriffenheit erfahren werden. Heiler schlägt geradezu hymnische Töne an, wenn es um das Geheimnis des tat tvam asi (das bist du selbst) geht. Bleeker meint sogar ein „musikalisches und lyrisches timbre“, „einen ekstatischen Klang“ festzustellen, wie immer, wenn es bei Heiler um die Schilderung der mystischen Totalitätserfahrung geht [8].
Es soll hier auf die Heilersche Analyse der Upanishad-Mystik im einzelnen verzichtet werden. Doch sei darauf hingewiesen, daß Bettina Bäumers Kritik Heiler eigentlich nicht trifft, denn er sagt selber: „Gleichwohl ist der Zusammenhang der Upanishaden mit der priesterlichen Spekulation der Brahmana unverkennbar … Diese Wirklichkeit, Einheit, Unendlichkeit und Allheit, die der vedische Mystiker in sich trägt, ist so gewaltig und wundervoll, daß er dafür kein anderes Wort hat als das Priesterwort für die kosmische Macht, Brahman.“ [9]. Auch weiß Heiler, daß die Upanishad-Mystik kein monolithischer Block ist: „…in den jüngeren Upanishaden löst sich diese Mystik von dem Untergrund der brahmanischen Opfertheologie…“ [10]. Heiler zitiert aus der Kathaka-, Kena-, Brihadaranyaka-, Isa- und der Chandogya-Upanishad [11]. Er weist darauf hin, daß die impersonale Mystik der Upanishaden „die Grundlage aller Erlösungsmystik in Indien“ ist. Auch die „buddhistische Nirvana-Mystik“ und selbst die „theistische Bhakti-Mystik“ ist von ihr beeinflußt. Auch die großen metaphysischen Systeme (Yoga, Samkya) bauen auf ihr auf. Ja, „die ganze philosophische Spekulation und die höhere Frömmigkeit Indiens“ ist ohne die Upanishaden undenkbar. Noch R. Tagore und selbst der christliche Mystiker und Evangelist, Sadhu Sundar Singh, schöpfen aus dieser einzigartigen Quelle indischen Geistes [12].
Was den Buddhismus betrifft, so hat Heiler lebenslang eine tiefe innere Affinität zu dieser Weltreligion bewiesen. J. Waardenburg wird Heiler posthum vorrechnen, daß er das Judentum und den Islam aus seinen Forschungen gänzlich ausgeklammert hat: sie würden seine „religiöse Erlebniswelt grundsätzlich in Frage stellen“ [13], die ganz auf die indischen Religionen und den Buddhismus (besonders den Amida-Buddhismus) fixiert war. Heiler erzählte oft die Episode, die seine eigene Glaubenseinstellung sehr gut charakterisiert: Auf die Frage, ob Heiler evangelisch oder katholisch sei, habe eine Schülerin geantwortet: „Er hat einen Buddha auf seinem Schreibtisch stehen!“ Diese Aussage wollte Heiler gerne für sich gelten lassen. Und schließlich ist Heiler mit einer Anrufung Buddhas („Maha karuna cittam“, Herz des großen Erbarmens) auf den Lippen gestorben [14 ]. Ja, Bleeker geht in seinem Nachruf auf Heiler zum 10.Todestag so weit, den großen Marburger Religionswissenschaftler (rein vom Phänotypus her) mit Buddha zu vergleichen. Ausgangspunkt für Bleekers Vergleich ist das Lächeln. „In Gesellschaft saß er meist schweigend und freundlich lächelnd da. Dieses Lächeln ließ mich immer denken an das Lächeln der wunderschönen Buddhabilder im ethnologischen Museum in Leiden, die ich einmal so beschrieb: ‚Ein Buddha-Bild weckt bei andächtiger Betrachtung die Vermutung, daß sich dahinter eine großartige und zugleich rätselhafte Gedankenwelt verbirgt. Die unbewegliche Gestalt … mit ihrem hehren, undurchdringlichen Antlitz … drückt eine Aristokratie des Geistes aus, die nicht nachlassen kann, Eindruck zu erwecken.‘ Wo waren Heilers Gedanken, wenn er – ein wenig lächelnd – lauschte? Wer vermag das zu sagen? Vermutlich tauchten blitzschnell neue Wahrheitseinsichten in ihm auf, oder er entwarf neue Abhandlungen“ [15]. Heiler sagt selbst (in seiner letzten Münchner Vorlesung kurz vor seinem Tod) , er verdanke seine Sicht des Buddhismus vor allem den Werken von H. Oldenberg und H. Beckh, dessen Buddhismus-Büchlein (Sammlung Göschen, 2 Bde. 1916/19; 1928 ) ihn auf seiner Fahrt zu den buddhistischen Erinnerungsstätten (1958/59) begleitet habe [16]. Man kann einwenden, das sei eben der Forschungsstand des 19. Jahrhunderts. Aber Heilers eigener Ansatz ist überraschend originell, besonders was „Die buddhistische Versenkung“ (1918, 1922 ) betrifft [17]. Aber auch die spätere Darstellung in „Die Religionen der Menschheit“ ist so erwärmend und einfühlsam, daß man sich keine bessere Einführung in den Buddhismus denken kann, die in so hohem Maße Wissenschaftlichkeit mit guter Lesbarkeit verbindet. An dem relativ schmalen Werk über „Die buddhistische Versenkung“ (es umfaßt als Habilitationsschrift von 1918 nur 60 Seiten, in der 2.Auflage 100 Seiten und war ursprünglich als ein Kapitel im „Gebet“ gedacht) ist kritisiert worden, daß Heiler hier zwar die „Versenkungskunst des Buddha“ in hellstem Licht erstrahlen läßt: sie war „rein geistig und echt religiös; sie vermag sich an Reinheit und Tiefe wohl mit dem ‚inneren Gebet‘ der abendländischen Mystik zu messen.“ Dann aber stellt Heiler einen Abfall von der „religiösen Höhe des Lehrers“ bei seinen „Jüngern“ fest: die buddhistische Mystik fiel immer stärker in den Yoga zurück [18]. Besonders im „nördlichen Buddhismus sank die buddhistische Versenkung zumeist zu einem bloßen Mittel der selbstsüchtigen Magie herab. Im japanischen Zen-Buddhismus … wird die Meditation zum ‚Nichtdenken‘, die Versenkung zur nackten gedanken- und gefühllosen Konzentration“. Die buddhistische Versenkung wird hier zu einem „geistlosen, stumpfen Vorsichhinstarren“; sie kann allenfalls noch als „nervenstärkendes, psychotherapeutisches Mittel“ verstanden werden [19]. In der Literatur wird hier oft von einem krassen Fehlurteil gesprochen, dem Rudolf Ottos kongeniale Deutung des Zen gegenübergestellt wird [20]. Es ist gemutmaßt worden, daß Otto damit die Fehleinschätzung seines Marburger Kollegen (ohne ihn zu nennen) habe korrigieren wollen [21]. Jedenfalls ist bei Heiler in seiner Darstellung von 1959 (in „Die Religionen der Menschheit“) von dieser Einseitigkeit nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil: das „mystische Paradox“ im Zen wird am Beispiel des „goldgleißenden Löwen“ einfühlsam geschildert. Die Einheitsschau des Zen wird zwar näher an das ‚tat tvam asi‘ der Upanishaden herangerückt als an die „urbuddhistische bhodi“ [22]. Andererseits wird aber auch die Nähe des Zen zur Lehre des Shakyamuni (und aller Mystik) betont, wenn Heiler das Schweigen als urmystisches Verhalten preist, das auch die geistige Mitte des Zen ausmacht und bereits in der Blumenpredigt des Buddha Shakyamuni zum Ausdruck kommt: Die schweigend hochgehaltene Blume ist das „Symbol dieser beredten Predigt des mystischen Schweigens“ [23]. Auf seiner Ostasienreise (1958/59) ist Heiler besonders durch seine Begegnung mit dem Zen-Buddhismus beeindruckt worden [24]. Kein Zweifel: Heilers Herz schlägt ganz für den Amida-Buddhismus! Der Buddha als Sünderheiland und die allerlösende Gnade des „Buddha des unermeßlichen Lichtglanzes“ (Amida, Amitabha) erinnern Heiler an Luthers Glaubensverständnis (sola fide, sola gratia) [25], das seit seiner frühen Beschäftigung mit dem Reformator vor allem im „Gebet“ und in dem Vortrag „Luthers religionsgeschichtliche Bedeutung“ (1918) für ihn (trotz seiner Liebe zu den Mystikern aller Religionen, besonders aber zu Meister Eckhart und den großen mystischen Frauengestalten [26]) ein einmaliger Gipfelpunkt religiösen Erlebens in der gesamten Religionsgeschichte geblieben ist.
Kein Religionsforscher hat so sehr das Hohelied auf die indische Bhakti angestimmt wie Friedrich Heiler. Nathan Söderblom hatte gesagt: „Nirgendwo sonst in Indien begegnen wir dem lebendigen Gott so wie hier. Warren Hastings hatte recht, als er schrieb, daß von allen bekannten Religionen diese dem Christentum am nächsten kommt“[27)• Und bei Rudolf Otto heißt es: „Es ist kein Zweifel, daß die westliche und östliche Religionsentwicklung sich in den Lehren von Ishvara, von Bhakti und Prapatti fast bis zur Berührung nahe gekommen sind“[28]. Freilich betont Otto dann doch wieder die Einmaligkeit und Höherwertigkeit der Lutherischen Gnadenlehre [29].
Bei Heiler ist die Darstellung der Bhakti-Mystik innerhalb seines Kapitels über „Die nachbuddhistischen Religionen Indiens“[30] ein absoluter Höhepunkt ohne jede Abstriche. Heiler widmet der Bhagavad-Gita einige geradezu hymnische Passagen. Die vertrauensvolle Hingabe an den liebenden Heilandsgott Vishnu ist für Heiler die eigentliche Herzmitte der Gita. Er unterstreicht seine Darstellung der Gita mit nicht weniger als vierzehn Zitaten. „Das Heil wird vom Menschen erlangt sola fide (‚allein durch den Glauben‘) und von Gott geschenkt sola gratia (‚allein durch Gnade‘) … Dieser Gott, der Gnade und Erlösung schenkt, ist nicht das unpersönliche, eigenschaftslose Brahman, sonder der persönliche ‚Herr‘, der ‚Erhabene‘ (Bhagavat), der sich zum Menschen herabbeugt und ihn voll Liebe anredet: ‚Du bist mir lieb – sei unbesorgt‘ (18,65.66)“. Heiler weiß auch um die gedankliche Diskrepanz innerhalb der Gita, so wenn im gleichen Zusammenhang „Gott bald theistisch, bald pantheistisch“ dargestellt wird [31]. Und er vermutet, daß möglicherweise eine „spätere Angleichung an die Vedanta-Mystik“ vorliegt, wenn in der Gita vom „Eingehen in das brahma-nirvana“ und vom „Werden zu Brahman (5,24)“ gesprochen wird. (An dem Versuch einer Rekonstruktion einer reinen Bhakti-Gita wie bei R. Garbe und Rudolf Otto beteiligt sich Heiler nicht.)
Sicher hat Heiler recht, wenn er feststellt,: „…die eigentliche Erlösungslehre der Bhagavad-Gita ist nicht eine Identitätsmystik (wie in den Upanishaden oder bei Shankara und Meister Eckhart; der Verf.), sondern eine Immanenzmystik. Die Seele geht nicht in Gott auf, sondern wird zu seiner Wohnung“ (Sperrung vom Verf.) [32]. Beachtenswert ist, daß Heiler mehrere Parallelen zwischen Gita und Neuem Testament herausfiltert. So findet er 9,29: „Die liebend mich verehren, die sind in mir, in ihnen ich“ einen Anklang an Joh 14,20. Und 7,15: „Ich bin der Freund des Wissenden, und er ist mein Freund“ ist eine Parallele zu Joh 15,14 (die Jünger als „Freunde Jesu“) [33].
Die so hoch gepriesene Erlösungsmystik der Gita ist aber für Heiler nur die „Eingangshalle in den gewaltigen Tempel der Bhakti …“[34]. Von noch „größerem Reichtum und noch größerer Bildhaftigkeit“ ist die „Bibel“ der Vishnu-Krishna-Gläubigen, das Bhagavatam (13.Jh.), das mehr als 200 Millionen Indern am nächsten steht und in vielen Häusern das einzige Buch ist, dessen Geschichten aber auch von den zahlreichen Illiteraten der niederen Kasten und der Kastenlosen gekannt werden. „Die Bhakta sind mein Herz, und ich bin das Herz der Bhakta“ (der Vishnugläubigen), heißt es Bhagavatam 9,4,68. Heiler nennt das Bhagavatam die „Summe der Liebesmystik“, die im l0. Buch, das vom Leben Krishnas, insbesondere von seinen Liebesspielen mit Radha und den Gopis (Kuhhirtinnen) handelt, seinen Höhepunkt hat. Alle Erzählungen sind nach Heiler allegorisch zu deuten. Radha, die „Hauptgeliebte und Gattin“, ist nichts anderes als die „Urgestalt der Gottesliebe“, die „Göttin Bhakta“[35].
Hauptvertreter dieser vishnuitischen Bhakti im Maratha-Land, deren Blüte in die Zeit vom 13. bis 16,Jh.fällt, sind Nam Dev, dessen Haussklavin Janabai (eine Shudrafrau) und Tukaram (1608-1649), ebenfalls ein Shudra. Auch in Nordindien bildet sich eine stark erotisch eingefärbte Krishna-Mystik. Unter den geistlichen Liebesdichtern ragt die Prinzessin Mira Bai hervor. Heilers Darstellung dieser, wie er meint, „völlig vergeistigten Sexualmystik“[36] atmet sehr viel Sympathie und Gefühlswärme [37]. Das gilt auch für die Darstellung der Shiva-Bhakti und ihres größten Dichters, Manikka Vashagar (9. Jh.) [38] sowie der „hehren Mutter“, Shakti, und der „Sakramentsmystik“ der tantrischen Shricakra oder „hehres Rad“-Zeremonie, bei der der „hieros gamos“ (heilige Hochzeit) der „in bunter Reihe in Zauberkreisen (mandala)“ sitzenden Paare vollzogen wird [39].
Ein weiterer Höhepunkt ist die Darstellung des Gegenübers von Shankara (8.Jh.), dem Vertreter eines „strengen Monismus und Theopanismus“[40], und Ramanuja (11.Jh.), der, selber ursprünglich ein Anhänger der Advaita-Lehre (Lehre von der ‚Nicht-Zweiheit‘ des absoluten Brahman), sich der vishnuitischen Bhakti zuwendet. Heiler folgt Rudolf Otto in der Bewertung dieser beiden Geistesgrößen: „Zwei ganz große Gegner ringen in Shankara und Ramanuja, die nur ihre Rollenführer sind: jenes fast unheimlich großartige, weltaufhebende, letzten Endes irrationale, unfaßbare und undefinierbare All-eins theopanistischer Mystik ringt mit dem Herrn, dem fühlenden, wollenden, persönlichen, rationalen, liebenden und geliebten Gott des Herzens und Gewissens. Nirgendwo in der Weltliteratur sind diese Gegner (sind es Gegner? oder sind es Pole?) so scharf, klar und bestimmt aufeinandergetroffen wie hier“[41].
Bereits 1926 (zum 60.Geburtstag von Nathan Söderblom) legte Heiler eine heute noch lesenswerte Studie (von 104 Seiten) zum Neohinduismus vor. Unter dem Titel „Christlicher Glaube und indisches Geistesleben“ behandelt er Leben und Werk von Tagore, Gandhi, Brahmabandhav Upadhyaya und Sadhu Sundar Singh, entstanden als Vortrag, den Heiler seit 1924 mehrfach gehalten hat. Er beginnt seine Darstellung mit Ram Mohan Rai (auch Roy, gest.1833), dem Gründer des Brahma-Samaj, Devendranath Tagore (dem Vater des Dichterfürsten) und Keshub Chandra Sen. Devendranath Tagore teilte die Jesus-Begeisterung der beiden anderen nicht, zitierte nie das Neue Testament. Seine Bibel waren die Upanishaden. Und dennoch stand dieser „heilige Mann unbewußt im Banne des Christentums“. Heiler meint Tagores Ablehnung der Autorität der Veden, seine Verwerfung der Lehre von Karma und Samsara, die „ergreifende Reinheit“ seiner Gebete nicht ohne christliche Voraussetzungen erklären zu können [42].
Noch stärker sieht Heiler dessen Sohn, den wortgewaltigen „Barden von Shantiniketan“, Rabindranath Tagore (auch Thakur), im Banne des Christentums. Dieser möchte zwar nur ein „konfessionsloser Hindu“ sein, er ist auch „kein bekehrter Christ“[43], er ist vielmehr ein „Anhänger der vedantischen Mystik“[44], der gemäß der alten Upanishad-Weisheit („Wer Gott erkennt, wird Gott“) die „Gottwerdung des Menschengeistes“ propagiert: „Wir müssen Brahma werden“ und „Das feierliche Mantra ist erklungen: laß mein Herz dein Herz sein“[45]. Gleichwohl kann sich Heiler Tagores „Passions- und Todesmystik, welche das Leiden als Gottesgabe und den Tod als Eingang in die ewige Freude preist“[46], nur als unter christlichem Einfluß entstanden vorstellen. Wenn Heiler sagt: „Tagore ist ein ungetaufter Christ“, seine Frömmigkeit ist „im Grunde christlich“, sein Lebenswerk „eine Frucht der christlichen Mission“[47], so greift er m.E. entschieden zu hoch.
Für Heiler ist auch Gandhi ein „ungetaufter Christ“[48], obwohl er sich noch entschiedener zum indischen Erbe bekennt als Tagore. Und so bringt Heiler in seiner frühen Darstellung auch eine Reihe von Zitaten, die die Relativität der verschiedensten Wahrheitsansprüche bestens belegen: Jesus steht für Gandhi unmittelbar neben Buddha, Bibel, Koran, das Avesta und die Veden sind in gleicher Weise inspiriert. Im Gefängnis liest Gandhi das Neue Testament, die Bhagavad-Gita, das Ramayana und den Koran [49]. Und doch beharrt Heiler darauf, daß für Gandhi das „indische Axiom“ des ahimsa (non violence) „unter dem Einfluß der Bergpredigt … eine neue Fassung “ erhalten hat [50]. „Jesu heilige Liebe zu den Sündern“ führt Gandhi auch zur Überzeugung von der „Heiligkeit des Weiblichen“ und ruft ihn zum Dienst an den „gefallenen Schwestern“, den Prostituierten [51]. Nicht anders steht es nach Heiler mit Gandhis Liebe zu den Parias und zu seinen Feinden, den Engländern.
Dieser Auffassung Heilers ist widersprochen worden. O. Wolff stellt Heilers Lobpreis auf Gandhis Christlichkeit (Gandhi ist ein „christlicher Missionar, in gewissem Sinne“) [52] neben R. Rolland, St. Hobhouse u.a., für die die „höchsten Titel christlicher Hagiographie … noch nicht einmal voll ausreichen“. Daneben zitiert Wolff die nüchternen Aussagen von W. E. Mühlmann und B. R. Ambedkars hartes Urteil vom „Verräter der Kastenlosen“[53]. Es ist aber nicht zu leugnen, daß Gandhi oft sehr emphatisch von Passion und Tod Jesu redet: „Christus starb dornengekrönt am Kreuze und triumphierte über die Macht eines ganzen Weltreiches.“ „Je reiner das Leiden, desto größer der Fortschritt. So genügte das Opfer Jesu dazu, um eine ganze gequälte Welt zu erlösen.“ Oder wenn er verkündet: „Das ist die Botschaft Indiens für die Welt: Wir müssen uns aufopfern“[54]. Das führt Heiler zu dem Urteil: „Im Schatten des Kreuzes Christi reifte in Gandhi der für Indien unerhört neue Gedanke, daß das indische Volk berufen sei, durch Leiden zur Befreiung zu kommen und durch stellvertretendes Leiden der Welt einen Erlöserdienst zu tun“[55].
Will Gandhi als Hindu „das Reich Gottes auf Erden“ in Indien errichten [56 ], so treten Brahmabandhav Upadhyaya und der ehemalige Sikh Sundar (geb.1889, verschollen 1929) zum Christentum über, leben aber ein indigenes indisches Christentum. Besonders dem Sadhu Sundar Singh hat sich Heiler intensiv gewidmet [57]. Sundar Singh ist „Inder vom Scheitel bis zur Sohle“ [58); er trägt ein safrangelbes Asketengewand, seine Frömmigkeit ist „echt indisch“. Er „zehrt vom Riesenerbe der indischen Religionen“ – und trotzdem ist dieser „indisch denkende und fühlende Fromme … im Grunde ein unverfälschter ‚Lutheraner‘ …., trotzdem er nie eine Zeile von Luthers Werken gelesen und nur wenig von ihm gehört hat. Als er im April 1922 in Wittenberg vor der Thesentür und an Luthers Grab stand, spürte er unwillkürlich eine innere geistige Verwandtschaft mit dem deutschen Gottesstreiter“[59]. Sadhu Sundars Frömmigkeit ist nach Heiler „in ihrem Zentrum rein evangelisch“[60], sein Lebensstil und seine Missionstätigkeit nachahmenswert: sie hat zum Ziel den Dialog der Religionen, der sich sogar bis zur „Synthese“ ausweiten kann [61]. Ja, Heiler sagt in seiner letzten Münchener Vorlesung: „Ich habe auf meiner Reise des öfteren gesagt und nach Hause geschrieben, daß ich, wäre ich zehn Jahre jünger, noch Missionar werden würde, allerdings nach einer radikal anderen Methode zu missionieren, teils durch caritative Arbeit, teils durch Bezeugung der Liebe zu den Religionen des Ostens; nicht Bekehrung, sondern Begegnung. Es gibt bereits solche Missionare“ (folgt der Hinweis auf Raimondo Panikkar) [62].
Der sog. Sadhu-Streit soll hier nicht aufgerollt werden. Er hat die Missionsliteratur jahrelang beschäftigt. Heiler hat etwas Richtiges gesehen und es öfter auch ausgesprochen: Wenn Indien missioniert werden soll, dann kann das durch die Söhne des eigenen Landes geschehen – und es wird ein johanneisches Christentum sein, dem es einzig gelingen kann, die Seele Indiens zu durchdringen.
Das ist aber nicht alles, was Heiler (von seinem Standpunkt aus) über den Neohinduismus zu sagen hat. In seiner Darstellung in den „Religionen der Menschheit“ geschieht dies zwar immer noch unter der Überschrift „Der Hinduismus unter christlichem Einfluß“[63], aber das Urteil über Tagore und Gandhi klingt doch wesentlich ‚gemäßigter‘. Für Shri Aurobindo verwendet Heiler leider nur sechs Zeilen, zu wenig, um dem vielleicht gewaltigsten Denker des modernen Indien gerecht zu werden.
Auch bei ihm konstatiert Heiler „christlichen Einfluß“[64]. Ramakrishna und Vivekananda werden etwas breiter dargestellt, und Narayan Vaman Tilak wird als der „christliche Tukaram“ apostrophiert [65]. Seine Lieder und Tänze finden Heilers enthusiastische Zustimmung. Das gilt auch für Rudolf Ottos Schüler, den späteren Bischof der südindischen Kirche, A. J. Appasamy, dessen „Christianity as Bhakti-Marga“ (1928, 1930 2. Auflage) bis heute als Beispiel einer gelungenen Inkulturation des Christentums gelten darf. Für Appasamy gilt Christus nach Heiler als „Erfüller und Vollender des Hinduismus“ [66].
Bereits 1926 hatte Heiler formuliert: „Christus ist die Erfüllung des Hinduismus“[67]. Hieran knüpft Heiler 1931 in seiner Schrift „Die Mission des Christentums in Indien“ an. Dort heißt es (im Anschluß an Sundar Singh): „Jesus Christus ist die Erfüllung des Hinduismus“[68]. Diese Schrift (als Rudolf-Otto-Festgruß zum 60.Geburtstag veröffentlicht) hinterläßt freilich, vor allem beim heutigen Leser, einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits glaubt Heiler (mit Sadhu Sundar Singh) nicht daran, „daß Indien je in seiner Gesamtheit christlich werde“[69]. Und dennoch propagiert er in dieser Schrift wie nirgends sonst in seinem religionswissenschaftlichen Riesenwerk die Mission des Christentums in Indien, freilich in seinem Sinne: Mission darf nicht die „ungeheuren Reichtümer“ Indiens außer Acht lassen, sie muß an das reiche Geisteserbe „anknüpfen“[70]. Heiler preist die „Akkomodationsmethode“ des Jesuiten Robert de Nobili, die sich leider in der Missionspraxis nicht durchgesetzt habe. Ziel dieser Methode muß ein „christliches Sannyasitum“[71] und die Herausbildung einer „indischen Theologie“[72] sein. Dabei sind für Heiler „brahmanische, buddhistische und hinduistische Religion“ eine propaideia Christou [73]. Er teilt das Bekenntnis von N. V. Tilak: „Die Poesie der Marathen-Heiligen mit ihrer liebenden Hingabe an Gott und ihre Sehnsucht nach seiner Gegenwart war mir eine praeparatio evangelica“[74]. Tilak ist für Heiler auch (neben Brahmabadhav und Sadhu Sundar Singh) „eine Verkörperung der Synthese von Christentum und indischer Bhakti…“[75].
Heiler fragt auch ausdrücklich, ob die christliche Mission „überhaupt ein Recht in Indien“ habe [76] – und er bejaht diese Frage auffallend energisch: „Indien braucht Christus“, und zwar aus folgenden Gründen:
- zur „Korrektur seines Inkarnationsglaubens“: Indien kennt viele avataras. Ihnen setzt das Christentum „das einmalige, unwiederholbare, ganz reale Et incarnatus est entgegen“[77].
- Indien bedarf der „Reinigung und Erfüllung“ des Leidensgedankens: Indien kennt zwar die „sich selbst hingebende, opfernde und leidende Liebe“, aber ohne das Kreuz Christi bleiben „all diese Gedanken halb, unfertig und verworren.“
- Vor allem aber braucht Indien die Radikalisierung des „Sündenbewußtseins“ und
- den Glauben an die Auferstehung als der „göttlichen Durchdringung und Verklärung des menschlichen Leibes wie des ganzen Kosmos“.
- Das Fehlen des Reichgottesgedankens ist ferner eine „empfindliche Lücke“. Gegenüber der Flucht in die „‚unbetretene Gegend‘, das ‚beseligende Eiland‘ des Nirvana“ ist die Einsicht nötig, „daß die ganze Welt unter Gottes Herrschaft gebeugt werde.“
- Schließlich verordnet Heiler Indien „den christlichen Glauben an die Kirche als des allumfassenden Soma Christou“. „Den Indern sitzt der Individualismus im Blute.“ Samadhi (Versenkung), bodhi (Erleuchtung), Meditation und Askese reichen nicht aus. Nötig ist neben dem persönlichen Heilsweg die „ecclesia visibilis“[80].
Nimmt Heiler nicht alles wieder zurück, was er über das Geisteserbe Indiens (und seine Bedeutung für die Menschheit) gesagt hat? Worin unterscheidet sich Heilers Forderungskatalog noch von der gängigen Missionsmethode? Heiler hat sich lebenslang über die westliche Mission als eine Form des Kolonialismus und „Europäismus“, der besonders Asien übergestülpt wird, kritisch geäußert, vor allem auch in seinen „Rundbriefen“ von 1958/59. Hier freilich (1931) nähert er sich der traditionellen Missionspraxis bedenklich an. Freilich gibt es einen gravierenden Unterschied: Heiler will die „schöpferische Synthese des aller europäischen Hüllen und Verkrustungen entkleideten neutestamentlichen Christentums mit allem Großen und Heiligen, was je im indischen Volk lebendig war“ (bei Heiler gesperrt) [81]. Er zitiert aus einer indischen christlichen Missionszeitschrift (1926): „Gebt Indien die Baumwolle, die es braucht, und laßt es damit die Saris spinnen, wie sie seiner Phantasie passen, zwingt ihm nicht eure engen Röcke und dicht anliegenden Schnürleibchen der westlichen Welt auf. Gebt Indien das reine Gold und laßt es daraus eine Krone machen, die auf sein Haupt paßt“[82].
Wir sind nun in der glücklichen Lage, eine ‚Anwort‘ auf Heilers Indienverständnis und seine Auffassung von der Begegnung zwischen Christentum und Hinduismus zu haben. Sie findet sich in S. Radhakrishnans „Gemeinschaft des Geistes“[83]. Diese ‚Antwort‘ ist um so bedeutsamer, als Heiler Radhakrishnan später (am10.4.1959) [84] in Indien begegnet ist und er den Religionsphilosophen und indischen Staatspräsidenten [85] stets hoch geschätzt hat. Das Buch von Radhakrishnan beruht auf Vorlesungen, die er 1936-38 in England gehalten hat. (Radhakrishnan war Professor für Religionswissenschaft in Oxford.) Der III. Abschnitt besteht aus einer Vorlesung, die er am 30.4.1937 über “Mystik und Ethik im Hindu-Denken“ vor der Royal Society of Arts in London hielt. Radhakrishnans Hauptgegner ist Albert Schweitzer, dessen „Weltanschauung der indischen Denker“ (1934) er aufs Korn nimmt: Da werde zwischen der christlichen Mystik, der man einen „ungeheuren ethischen Ernst“ zubilligt, und der ethisch indifferenten Hindumystik unterschieden. Christliches Denken sei ‚dynamisch und schöpferisch“. Es bekenne sich zur „Realität der Welt und zur Sinnerfüllung des Lebens“. Das Hindudenken dagegen „verneint angeblich die Realität der Welt, verzweifelt am menschlichen Leben, vergiftet die wirklichen Quellen des Denkens und Handelns, verherrlicht Tod und Unbeweglichkeit. Es erzeugt weder Kräfte noch Vorsätze, die auf höhere Endziele gerichtet sind“[87].
Radhakrishnan greift insbesondere Schweitzers Schematismus an, der sich in dem Antagonismus zweier grundsätzlich verschiedener Haltungen manifestiert: die der „Welt- und Lebensbejahung“ (Christentum) und der „Welt- und Lebensverneinung“ (Hinduismus). Die erstere führt nach Schweitzer zu „sozialem Dienst“, während die andere Haltung „kein Interesse an der Welt hat, die sie als Bühnenstück oder bestenfalls als eine verworrene Pilgerfahrt durch die Zeit nach der Ewigkeit verwirft“[88].
Radhakrishnan hält nun unvermittelt Sätze von Friedrich Heiler, den er ausdrücklich als „großen deutschen Theologen“ apostrophiert, aus dessen „Gebet“ daneben und konstatiert Übereinstimmung zwischen Schweitzer und Heiler, die „im Bereich der Theologie wenige ihresgleichen haben“[89] (Sperrung vom Verf.), allerdings mit dem Unterschied, daß Heiler mystische und prophetische Religion in Indien wie im Westen annimmt. „Die Mystik ist passiv, quietistisch, resigniert, kontemplativ – die prophetische Frömmigkeit aktiv, fordernd und verlangend, ethisch.“ Heiler stellt „persönlichkeitsbejahende“ und „persönlichkeitsverneinende“ Religion einander gegenüber, ferner geschichtliche und geschichtslose Offenbarung usw. [90]. Nach Radhakrishnan gibt Heiler zu, daß „die mystische Tendenz im Christentum aus indischen Quellen“ stammt, die „prophetische dagegen auf der jüdischen Offenbarung beruht. Mit anderen Worten, er unterstützt mittelbar Schweitzers Behauptung, die indische Religion, die vorwiegend mystisch ist, sei jenseitig und lebensverneinend, die westliche Entwicklung des Christentums dagegen selbstbehauptend und voluntaristisch.“ Radhakrishnans Kritik gipfelt in den Worten: „… es ist schwer, dem Schluß zu widerstehen, daß ihre Auffassungen von prophetischen und weltbejahenden Religionen mehr mit neuheidnischen Bekenntnissen gemein haben als mit dem selbstverneinenden, selbstvergessenen Genius des Christentums, dessen Symbol das Kreuz ist“[91].
Radhakrishnan bringt an insgesamt fünf Stellen in seinem Buch teilweise sehr ausführliche Heiler-Zitate, alle in der Absicht, dessen Mystikbegriff als „einseitig“ zu entlarven. Ferner bestreitet Radhakrishnan energisch Heilers Behauptung, die „negative Beschreibung der Gottheit (via negationis; der Verf.) und der weltverneinende Charakter der Ethik“ sei „ursprünglich indisch“[92]. Zustimmung signalisiert Radhakrishnan, wenn Heiler emphatisch von der „unsichtbaren Bruderschaft“ der Mystiker über alle Länder und Zeiten spricht [93].
Gegenüber der „Krisentheologie“ von Karl Barth und Emil Brunner setzt sich Radhakrishnan entschieden ab, indem er betont, es sei gerade die „leidenschaftliche Suche nach der totalen Persönlichkeit, auf die der Mystiker Gewicht legt“[94].
Es ist nicht uninteressant, hier Heilers Brief vom 17.4.1959 aus Kotah anzuschließen [95]. Heiler teilt mit, daß Radhakrishnan sein Einverständnis mit seinen Aufsätzen über Einheit und Zusammenarbeit der Religionen erklärt. Radhakrishnan „betonte die geistige Verwandtschaft von Deutschland und Indien, die er besonders in der Mystik Meister Eckharts ausgedrückt finde.“ Er zitiert aus den heiligen Schriften Indiens, besonders aus der Gita. „Drei Dinge täten der Menschheit not: brahma-vidya, die intellektuelle Gotteserkenntnis, yoga-shastra, Selbstdisziplin und Pflege der Meditation, und Krishna-Arjuna-samvada, das Gespräch zwischen dem Erlösergott, dem unendlichen Geist und dem Menschen als endlichem Geist. Unter Bezugnahme auf die Bhagavad-Gita betonte er, daß es verschiedene Wege zu Gott gebe, ebenso wie verschiedene Wege zu einem Bergesgipfel emporführen, und daß die indische Religion als eine tolerante Religion die Verschiedenheit dieser Wege anerkenne. Seine persönliche tolerante Haltung gegenüber der christlichen Religion kommt darin zum Ausdruck, daß er auf Wunsch des Papstes den Marianischen Kongreß in Madras vor einigen Jahren mit einer Rede eröffnet hat“[96]. Heiler betont, der Vizepräsident der Indischen Republik habe auf ihn einen tiefen Eindruck gemacht als eine „höchst geistige Persönlichkeit, die ganz in der reichen und tiefen religiösen und philosophischen Tradition Indiens lebt, zugleich als ein Mann von reifer Lebensweisheit“. Im Anschluß an das Gespräch schickt Radhakrishnan Heiler die beiden Bände seiner „Occasional Speeches and Writings“ mit persönlicher Widmung. Heiler freut sich der Übereinstimmung seiner Auffassung von der Einheit der Religionen mit der Radhakrishnans, die bis in einzelne gemeinsame Zitate reiche, z . B. die Edikte Ashokas, das Wort des Symmachus an Ambrosius von Mailand (über „das Herz des großen Geheimnisses, das unmöglich nur auf einem Wege erreicht werden kann“) und Goethes Vers über das Shakuntala-Drama[97].
In diesem Zusammenhang seien ein paar Impressionen von der Reise überhaupt mitgeteilt: Japan und Ceylon schneiden gegenüber Indien in vieler Hinsicht besser ab, z . B. hinsichtlich des Klimas, der gesellschaftlichen Verhältnisse, der Tiefe des religiösen Erlebens usw. Freilich hat Heiler auch Negatives zu vermelden. In Japan ist es die hemmungslose Verwestlichung im Alltagsleben (vor allem das Bordellunwesen) und in den christlichen Kirchen. Er trifft Kirchengebäude an, die „auch nicht ein Atom Japanisches“ enthalten. Die Gottesdienste laufen nach englischem und amerikanischem Muster ab, die evangelische Theologie ist total „verbarthet“. Allerdings trifft er auch Gesinnungsfreunde, meist Jesuiten, darunter den berühmten Zen-Kenner H. Dumoulin, und er erinnert sich, daß er in seinen Büchern manches Unfreundliche über die Jesuiten geschrieben habe: Hier lernt er die Jesuiten als Vertreter eines progressiven Christentums kennen, das keine Scheu vor irgendeiner Form von Synkretismus hat [98].
In Ceylon begegnet er Nyanaponika; er ist jüdischer Abkunft und in Frankfurt/Main geboren. Er war Schüler des berühmten, ebenfalls deutschstämmigen Nyanatiloka, der ein riesiges Übersetzungswerk hinterlassen hat, das Nynaponika herausgibt. Einen noch größeren Eindruck empfing Heiler von der deutschen buddhistischen Nonne Uppalavanna („die Lotosfarbige“), die in der Nähe von Kandy in einer Einsiedelei lebt. (Sie ging noch Anfang der 70er Jahre durch die deutsche Regenbogenpresse.) Allerdings hört Heiler in Ceylon auch das Urteil, die Japaner seien gar keine Buddhisten, wie er umgekehrt in Japan sehr negative Bemerkungen über den Hinduismus zu hören bekommt. Als Heiler in einem Vortrag die buddhistische Versenkung aus der indischen Upanishad-Mystik ableitet, erntet er entschiedenen Widerspruch, was Heiler zu dem Kommentar veranlaßt, überall sei derselbe Dogmatismus zu spüren .
Heilers Urteil über Indien ist eher zwiespältig. Er beschwert sich über das Klima, die Hygiene, die Unterbringung. Nur bei der Ramakrishna-Mission und bei der Heilsarmee findet er einigermaßen annehmbare Verhältnisse vor. In billigen indischen Hotels fehlen oft Matratze und Deckbett. Überhaupt nimmt Heiler mit einigem Entsetzen die große Armut der unteren Schichten wahr. (Er vermeidet dabei interessanterweise den Begriff der Kaste. Erst Frau Heiler spricht in einem späten Brief das Kastenwesen an.)
Die negativen Eindrücke werden freilich aufgewogen durch die zahlreichen Begegnungen mit Vertretern der Bildungsschicht, vor allem in Universitäten, Zentren der verschiedenen Religionsgemeinschaften und Kirchen. Am besten schneiden in Heilers Beurteilung die Sikhs und die Parsen ab. Der hinduistischen Volksreligion steht er mit Skepsis gegenüber. Die Götterbilder in den Tempeln findet er z.T. roh, „primitiv“, „scheußlich“. Bei Tempelfesten u. ä. erlebt er die Massen wie in einem ungeistigen „Erregungsrausch“: „es fehlt die(se) Tiefe und echte Andacht“.[99] Diese findet er in reichem Maße bei der Begegnung mit einzelnen Frommen oder in geistig hochstehenden Familien. So wird er in der Familie seines Marburger Schülers Nilen Bhanja wie ein Guru aufgenommen. Heiler muß eine große Zahl von Empfängen und Ehrungen über sich ergehen lassen. Er wird von Vortrag zu Vortrag weitergereicht . (Einmal muß er sich auch als Musiker vorführen lassen – nach der Devise: „Alle Deutschen sind Musiker“, was er auch am Klavier mit Bravour meistert.)
Er besucht und fotografiert zahlreiche Tempel und Kirchen. Oft gelingt ihm der Eintritt in ein buddhistisches Heiligtum nur nach Aufsagen der dreifachen Zufluchtsformel. (Einmal reicht auch dies nicht!) Er nimmt an zahllosen Gottesdiensten teil. Am meisten beeindruckt ihn ein anglikanischer Gottesdienst in Kalkutta, was ihn zu einem spontanen Bekenntnis zum Anglikanismus veranlaßt: „Es ist diejenige Kirche neben der östlich-orthodoxen, in der ich mich am meisten heimisch fühle – nicht nur um ihres liturgisch-sakramentalen Reichtums und ihrer ökumenischen Haltung willen…“ Sie erfüllt die drei Charakteristika: „spiritual, liberal-minded and comprehensiv, but always catholic“[100]. Seine besondere Vorliebe gilt auch den alten armenischen Kirchen.
Heiler hat auf dieser Reise Indien des öfteren als „seine geistige Heimat“[101] bezeichnet. Indien ist das außereuropäische Land, mit dem er sich am meisten beschäftigt hat und dessen „heilige Sprache“ er vor 40 Jahren zu studieren begann. (Manchmal gelingt Heiler sogar ansatzweise eine Verständigung mit seinen indischen Partnern in Sanskrit, wenn sie kein Englisch sprechen.) Er fühlt sich zu Hause in den Räumen, die Rabindranath Tagore zuletzt bewohnt hat, dessen Großnichte er begegnet. Er trifft die Töchter von Keshub Candra Sen, besucht das Haus von Ram Mohan Roy. Er erlebt mit dem Onkel von Nilen Bhanja einen Besuch bei einer Sadhvi, einer heiligen Frau, die von ihren Jüngern als ‚holy mother‘ verehrt wird. Sie empfängt ihn mit der Anrede „Sadhu“. Nach einer langen Zeit gemeinsamen Schweigens, bei dem die Sadhvi wie in Trance verharrt, sagt sie schließlich, sie hätte sein Inneres studiert, Heiler sein ein „child“, ein „boy“. Heiler antwortet, er liebe Jesu Wort: „So ihr nicht werdet wie die Kinder …“ Er erfährt, daß die Sadhvi eine Verehrerin von Vishnu und Lakshmi sei, aber diese puja (Verehrung eines persönlichen Gottes) nur als Vorstufe zur „Gotteinigung“ betrachte. Sie wollte sich nicht fotografieren lassen, – nur das Bild im Inneren dürfe bleiben. Beim Abschied vollzog Heiler die übliche Verehrungsgeste: „Ich warf mich auf den Boden und berührte ihn mit der Stirn. Aber sie wehrte ab, hob mich auf und drückte mich an ihre Brust. So faltete ich die Hände und sagte: Shanti, shanti, shanti (Friede).- Dieser Trancezustand scheint sich zu übertragen, ich konnte mich nachher schwer in der ‚Welt‘ zurechtfinden und auch heute noch hält er an. – Dieser Besuch, bei dem so wenig gesprochen wurde, war wohl das tiefste Erlebnis auf indischem Boden, vielleicht auf meiner Reise. Diese Versenkung, diese samadhi, hat tiefer zu mir gesprochen als die Meditation der Zenklöster. Die kleinen Kuchen und Milchschnitten, die sie mir vorsetzen ließ, genoß ich als prasada, als eine sakramentale Speise“[102].
Ein Höhepunkt der Reise war sicher der Besuch bei der südindischen Kirche, wo er Bischof Appasamy trifft. Aber auch hier gibt es negative Eindrücke: Ein Problem ist die Aufspaltung in verschiedene Konfessionen. In Kottayam, „einer rein christlichen Stadt“ (- kein Hindutempel ist zu sehen -), liegen vier christliche Kirchen nebeneinander: die syrisch-orthodoxe, die Mar-Thoma-Kirche, die römisch-katholische Kathedrale und die Vereinigte Südindische Kirche (früher anglikanische Kirche). „Welch ein trauriges Schauspiel geben die getrennten christlichen Kirchen der nichtchristlichen Umwelt! Warum können nicht die Christen dieser Kirchen, die sich alle als Thomas-Christen bezeichnen, gemeinsam feiern? Warum sind sogar die Christen der syrischen Kirche getrennt?“ (NB: in die „reformierte“ syrische Mar-Thoma-Kirche und die syrisch-orthodoxe (jakobitische) Kirche.) [103].
Abschließend soll eine Art Gesamturteil Heilers über die Christianisierung Indiens und Ostasiens nicht verschwiegen werden: „Welch kümmerliches Fremdgewächs ist das Christentum in den asiatischen Ländern, und was für reizende Menschen sind die ungetauften Heiden!“[104]
Anmerkungen
1] Stuttgart 1959; 2. Auflage,1962; 3., von Kurt Goldammer erweiterte und herausgegebene Auflage, 1980. Ich zitiere im folgenden nach der 3. Auflage.
2] aaO, S. 232 f.
3] ebd.
4] S.149
5] S.152
6] J. C. Bleeker, Die Bedeutung der religionsgeschichtlichen und religionsphänomenologischen Forschung F. Heilers, (Vortrag zum 10. Todestag in Marburg am 28.4.1977), in: NUMEN 1978, S.1ff (S.10).
7] Heiler aaO, S.150
8] Bleeker aaO, S.5.- Bleeker hat übrigens nicht nur Heilers Sprache zu loben – „Heiler war ein glänzender Stilist“ (ebd.). Er nennt ihn einen „einmalig begabten Gelehrten“ (S.3), eine „geniale Persönlichkeit“ (S.4), einen „geschickten Typologen“ (S.9); seine Fähigkeit, das gewaltige Material in seinem „Gebet“ (1917) zu ordnen und zu bändigen, ist „fast religionshistorische Teufelskunst“ (S.5), der Hauptteil seines „Katholizismus“ (1923) ist „ein Juwel religionsgeschichtlicher und religionsphänomenologischer Strukturanalyse“ (S.7) – freilich um Heiler dann auch heftig zu kritisieren, besonders wegen des Satzes „Alle Religionswissenschaft ist letztlich Theologie“ (S.14; das Zitat bei Heiler „Erscheinungsformen und Wesen der Religion“, 1961, S.17). Bleeker setzt dem die These entgegen, die 1960 auf dem Internationalen Kongreß für Religionsgeschichte in Marburg formuliert wurde: „Religionswissenschaft is an anthropological discipline“ bzw. (nach Th. B. van Baaren, Groningen): „Religion is a function of culture“ (ebd.S.13). Es ist Heilers Tragik, daß er seine Position nicht nur gegen die Dialektische Theologie, sondern auch gegen die Ansicht vor allem von einigen jüngeren Religionswissenschaftlern verteidigen mußte.
9] Heiler, Rel. d. Menschheit, S.149f.
10] aaO, S.149
11] aaO, S.150f
12] aaO, S.151f
13] J. Waardenburg, F. Heiler und die Religionsphänomenologie – eine kritische Würdigung, Marburger Universitätsreden 18,Marburg 1992, S.27
14] H. Hartog, Ev. Katholizität. Weg und Vision F. Heilers, Mainz 1995, S.236
15] Bleeker aaO, S.6
16] F. Heiler, Meine ökumenischen Begegnungen, in: Vom Werden der Ökumene, Beiheft zur Ökumenische Rundschau 6, 1967, S.5ff (S.23)
17] In manchen religionsgeschichtlichen Werken wird aus Heilers Riesenwerk nur „Die buddhistische Versenkung“ angeführt.
18] Heiler, Die buddhistische Versenkung, S.49
19] aaO, S.50 (2.Aufl. S.50f)
20] Rudolf Otto, Über Zazen als Extrem des numinosen Irrationalen, in: Das ganz Andere – Aufsätze das Numinose betreffend, 1923
21] V. Keller, Wege zu sich selbst. Hinführung zur christlichen und Zen-Meditation, FORUM Freies Christentum 33, 1995, S.29
22] Heiler, Religionen der Menschheit, S.217f
23] aaO, S.218
24] H. Hartog, aaO, S.219
25] Heiler aaO, S.218f
26] aaO, s.443ff
27] Der lebendige Gott, S.129
28] Vishnu-Narayana (1917), S.151
29] Indiens Gnadenreligion und das Christentum (1930). Hierzu Heinz Röhr, Bhakti and Christian Faith according to Rudolf Otto, in: EdmundWeber/TilakRaj Chopra, Shri Krishna Caitanya and the Bhakti Religion, STUDIA IRENICA 33, 1988, S. 163ff
30] Heiler, Rel. d. Menschheit, S.244ff
31] H. v. Glasenapp, Art. „Bhagavadgita“, in: RGG, 1957, 3. Auflage, Sp.1118
32] Heiler, Religionen der Menschheit, S.245
33] ebd.- Überhaupt ist Heiler schnell bereit mit Parallelisierungen: Caitanya ist ihm ein „indischer Franziskus“ und das Sat-Sandarbha des Jiva Gosvami ein „Indisches Gegenstück zur Summa des Thomas von Aquin“ (nach W. Eidlitz)(aaO, S.249). Vgl. auch schon im Buddhismus: Das Itivuttakam ist ein „Hoheslied der Liebe“ (1.Kor 13) und der Spruch aus dem Sutta-nipata 146, der mit den Worten endet: “ – alle Wesen seien beglückten Herzens“, ist das „buddhistische Vaterunser“ (aaO, S.176f).
34] aaO, S.246
35] aaO, S.246f
36] aaO, S.248
37] aaO, S.249
38] aaO, S.250f
39] aaO, S.251
40] aaO, S.252
41] aaO, S.253.- Das Zitat von Rudolf Otto aus: Siddhanta des Ramanuja (1917), 1932(2. Aufl.), S.2
42] F. Heiler, Christlicher Glaube und indisches Geistesleben, S.11
43] aaO, S.15
44] aaO, S.16
45] aaO, S.45.- Die Zitate aus „Sadhana“.
46] Heiler, Religionen der Menschheit, S.257
47] Christl. Glaube …, S.35
48] aaO, S.37
49] aaO, S.39f
50] aaO, S.41
51] aaO, S.43
52] F. Heiler, Art. „Gandhi“, in: RGG , 1928, „. Auflage, Sp.875
53] O. Wolff, Indiens Beitrag zum neuen Menschenbild, rde 56, 1957,S.52. Übrigens war O. Wolff als Nachfolger von F. Heiler im Gespräch. Heiler hat ihn aber wegen seines Buches „Mahatma und Christus“ (1955) energisch abgelehnt (pers. Mitteilung von F. Heiler an den Verf.). Heiler hätte gern eine(n) seiner drei habilitierten ehemaligen Doktoranden (A. Schimmel, K. Goldammer, G. Lanczkowski) auf seinem Lehrstuhl gesehen. Hier ist ihm aber seine Fakultät nicht gefolgt.
54] Zit. b. Heiler, Christl. Glaube …, S.47
55] ebd.
56] Zit. b. Heiler, aaO, S.49
57] Es handelt sich um nicht weniger als 15 Arbeiten, darunter: Sadhu Sundar Singh, ein Apostel des Ostens und Westens, 1924, 4. verbesserte Aufl.1926 (auch in schwedisch, dänisch, englisch und japanisch; Apostel oder Betrüger? Dokumente zum Sadhustreit, 1925; Die Wahrheit Sundar Singhs. Neue Dokumente zum Sadhustreit, 1927
58] Heiler, Christl. Glaube …, S.80
59] aaO, S.82
60] aaO, S.83
61] Vgl. den Abschnitt „Versuche einer Synthese der Religionen…“, in: Religionen der Menschheit, S.549ff
62] Meine ökumen. Begegnungen, S.24. – Vgl. Heilers Brief aus Japan (Tokyo, 26.9.1958) „Wenn ich jung wäre, würde ich Missionar werden – aber nach einer radikal anderen Methode missionieren, nämlich nach dem Lao-tse’schen Wu-wei (Nicht-machen).“
63] Religionen der Menschheit, S.256ff
64] aaO, S.258
65] aaO, S.259
66] aaO, S.260
67] Christl. Glaube …, S.77
68] Die Mission…. S.15
69] aaO, S.6
70] aaO, S.32
71] aaO, S.37
72] aaO, S.34
73] aaO, S.32
74] aaO, S.33
75] aaO, S.50
76] aaO, S.6
77] aaO, S.16
78] aaO, S.17
79] aaO, S.18
80] aaO, S.19
81] aaO, S.51
82] ebd.
83] dt. 1952
84] Heilers Brief aus Kotah vom 17.4.1959 (=Brief XVI, S.1)
85] Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 1961. Laudatio: Ernst Benz.
86] S. Radhakrishnan aaO, S.73ff
87] aaO, S.79
88] aaO, S.80
89] aaO, S.81
90] aaO, S.81; alle Zitate aus „Gebet“, S.283 (englische Ausgabe 1932)
91] aaO, S.81f
92] aaO, S.305, Hinweis auf R. Inge, „Christian Mysticism“ (1899), der dieselbe Ansicht vertritt.
93] aaO, S.310
94] aaO, S.311
95] Heilers tagebuchartig verfaßten „Rundbriefe“ von seiner achtmonatige Ostasien- und Indienreise umfassen den Zeitraum vom 24. 8. 1958 bis 30. 5. 1959. Sie sind in 17 Kapiteln abgefaßt, von Heiler in Kurzschrift nach Marburg gesandt und von Frau Heiler in Maschinenschrift an Freunde verschickt worden. Die Sammlung umfaßt in hektographierter Form 177 eng beschriebene Seiten. Leider sind die „Rundbriefe“ nie veröffentlicht worden. Sie beschreiben Heilers Reise von Chicago, wo er am Kongreß des Weltbundes für Freies Christentum teilnahm, über Honolulu nach Tokyo. Der Japan-Aufenthalt dauert bis 12. 11. Am 22 .11. ist er in Taipeh, am 24. 11. in Hongkong, dann folgen Saigon und Djakarta. Am 13. 12. ist er in Angkor Vat. Vom 25. 12. bis 10. 1. 1959 besucht Heiler Bangkok. Es folgt Rangoon, und am 16. 1. trifft er in Kalkutta ein. Hier weilt er (von einer Amöbenruhr geschwächt) vier Wochen. Er bereist Indien von Nord nach Süd, von Katmandu bis Delhi, Madras, Bombay und Ceylon. Die letzten vier Wochen nimmt Frau Heiler an der Reise teil, nachdem sie in Delhi zu ihrem Mann gestoßen ist.
96] Brief XVI, S.1
97] ebd.S.2
98] In Tokyo nahm Heiler am Internationalen Kongreß für Religionsgeschichte teil und hielt in der Eröffnungssitzung das Hauptreferat über „Die Religionsgeschichte als ein Weg zur Einigung der Religionen“, das besonders bei den Asiaten großen Anklang fand.
Die Begegnung mit dem berühmten Sozialreformer und Evangelisten T. Kagawa verläuft für Heiler ziemlich enttäuschend. Kagawa besteht energisch auf der Einmaligkeit und Höherwertigkeit des Christentums. Auch am Buddhismus läßt er kein gutes Haar. Die japanische Gesellschaft, besonders die Jugend, ist nach Kagawa völlig ungläubig.
99] Brief XII, S.6
100] Brief XII, S.8
101] Brief XI, S.9
102] Brief XI, S.11
103] Brief XVII, S.10
104] Brief IV, S.6
__________________________________________________________________________________________
Mailto: irenik@em.uni-frankfurt.de
Link zum Artikel: relkultur08